Eizelle wanted
Warteliste "Die letzte Hoffnung"

Wir alle wünschen uns in erster Linie Kinder, die genetisch von uns abstammen. Manchmal ist dies jedoch nicht möglich. Das österreichische Gesetz erlaubt Eizellspenden, wenn Unfruchtbarkeit vorliegt. Embryonenspenden sind gesetzlich verboten. Bei bestehendem Kinderwunsch kann eine Eizellenspende helfen, diesen zu erfüllen. Eine Klientin von mir wartet auf die Eizelle ihrer eigenen Schwester, da ihre eigenen nicht fruchten. Sie hat Glück: Sie ist jünger als 45 Jahre und sie hat eine Schwester die "vermittelt". Eine Eizellenspende ist oft die letzte Hoffnung für Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch. Seit der Gesetzesreform im Jahr 2015 ist die Eizellspende in Österreich legal. Allein in im KIWI Institut bei Dr. Loimer in Linz stehen über 70 Paare auf der Warteliste für gespendete Eizellen, wöchentlich kämen sieben bis zehn Patientinnen dazu. Jedoch stehen zu wenige Spenderinnen zur Verfügung, um den steigenden Bedarf zu decken.
Ärzte fordern: Melderegister und offizielle Statistiken
In den letzten neun Jahren hat sich der Bedarf in Österreich jedoch stark erhöht, weshalb Dr. Leonhard Loimer nun eine erneute Änderung des Gesetzes vorschlägt: Er fordert, das Höchstalter für Spenderinnen von 30 auf 32 Jahre zu erhöhen, um Frauen eine längere Spendezeit zu ermöglichen. Dadurch könnten Paare mit Kinderwunsch schneller zu einer Schwangerschaft verholfen werden. Zusätzlich drängt Loimer auf die Einführung eines österreichweiten Melderegisters für Eizellspenden, da es seit der Legalisierung keine offiziellen Statistiken über die Anzahl der Spenden in Österreich gibt.
Eine Herausforderung, mehr Frauen zur Eizellspende zu motivieren, liegt in Österreich übrigens darin, dass das Fortpflanzungsmedizingesetz vorschreibt, dass weder für Eizell- noch für Samenspenden Werbung gemacht werden darf. Das bedeutet, dass Spenderinnen kein Geld für ihre Spende erhalten, sondern nur eine geringe Aufwandsentschädigung. Auch wenn diese Regelung verhindern soll, dass Eizellspenden zu einem Geschäftsmodell werden, ist Dr. Loimer darüber sehr verwundert: "Wie sollen die benötigten Eizellen beschafft werden, wenn das Gesetz jegliche Werbung und angemessene Aufwandsentschädigungen für die Spende verbietet?"
Wie funktioniert eine Eizellen-Entnahme?
Wer sind die Frauen, die ihre Eizellen spenden bzw. vermitteln? Die Gründe für eine Eizellweitergabe sind vielfältig, viele Frauen möchten keine eigenen Kinder, aber dennoch ihre Gene weitergeben. Oder sie haben bereits Kinder und möchten anderen Frauen die Möglichkeit geben, ebenfalls Mutter zu werden. Bevor eine Frau Eizellen spenden kann, werden verschiedene Gesundheitsuntersuchungen durchgeführt. Zudem muss eine Bedenkzeit von 14 Tagen eingehalten werden, bevor die Spende tatsächlich erfolgen darf. Nach Beginn der hormonellen Stimulation dauert der Spendeprozess selbst weitere 14 Tage.
In der Klinik wird bei der Spenderin eine Hormonstimulation durchgeführt, um die Reifung mehrerer Eizellen zu fördern. Zum idealen Zeitpunkt werden die reifen Eizellen durch eine Follikelpunktion direkt aus den Eierstöcken entnommen. Dieser Eingriff erfolgt unter Narkose und ist für die Spenderin nur minimal belastend. Ein Übernachtungsaufenthalt in der Klinik ist nicht erforderlich; die Spenderin kann die Klinik bereits nach wenigen Stunden wieder verlassen.
Es ist möglich, eine eigene Spenderin zur Behandlung mitzubringen. Wenn eine Verwandte, Freundin oder eine andere Vertrauensperson bereit ist, dem Kinderwunschpaar Eizellen zu spenden, kann diese Spende von der betreffenden Person erfolgen. Die Spenderin wird informiert, dass ihre Daten ab dem 14. Geburtstag des Kindes weitergegeben werden könnten. Bislang gibt es hierzu keine Erfahrungswerte, da die ältesten Kinder seit der Legalisierung erst acht Jahre alt sind.
Die Spenderin muss sich der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst sein und diese freiwillig sowie ohne Erwartung einer Gegenleistung treffen und hat keine Unterhaltspflicht gegenüber dem mit ihren Eizellen gezeugten Kind und das Kind hat keine Erbansprüche an die Spenderin. Die Spende erfolgt stets auf freiwilliger Basis, ohne dass eine Bezahlung oder sonstige Gegenleistung gefordert werden darf.
Ein Kind ist kein Partygeschenk
Obwohl es verlockend ist, die positiven Seiten der Eizellvermittlung hervorzuheben, ist es wissenschaftlich unerlässlich, sich intensiv mit den kritischen Aspekten auseinanderzusetzen und zu prüfen, wie diese angegangen werden können. Denn: Ein Kind ist kein Partygeschenk. In der Reproduktionsmedizin werden Kinder oft als süße Babys dargestellt und hier würde ich mir Fotos von pubertierenden Jugendlichen oder erwachsenen Menschen wünschen. Babys wachsen zu Erwachsenen mit Rechten heran, die Ansprüche an unsere Gesellschaft stellen werden.
Die Eizellspende ist sehr komplex und rechtliche Regelungen allein können nicht alle Herausforderungen lösen: Ethische Argumente, die das Verbot der Eizellvermittlung unterstützen, ändern sich nicht mit dem Fortschritt der Wissenschaft und Technik.
Die Familienbildung mit Eizellen Anderer, die psychosozialen Aspekte und die dann notwendigen rechtlichen Regelungen der Rahmenbedingungen sind komplexe Themenfelder, die interdisziplinär ineinandergreifen. Unstrittig ist die Relevanz der Aufklärung der Kinder. Die praktizierten anonymen Formen der Gametengabe in europäischen Ländern wie beispielsweise Spanien und Tschechien stehen im Widerspruch zu dem Persönlichkeitsrecht des Kindes auf Kenntnis der genetischen Abstammung und dem UN-Kinderrecht auf Identität und Herkunft.
4 kritische Aspekte, die sich für das Verbot von Eizellenvermittlung in Deutschland aussprechen:
Anne Meier-Credner, Gründungs- und Vorstandsmitglied des Vereins Spenderkinder, einem Verein von durch Samen- und Eizellvermittlung entstandenen Menschen in Deutschland, nennt vier kritische Aspekte, die sich für das Verbot von Eizellenvermittlung in Deutschland aussprechen:
- Im Ausland werden weiterhin anonym Eizellen vermittelt. Häufig wird als Argument für eine Legalisierung der Eizellvermittlung in Deutschland angeführt, dass derzeit Kinderwunscheltern ins Ausland gehen, wo die Eizellvermittlung anonym erfolgt. Die entstehenden Kinder haben in Ländern wie Spanien und Tschechien Schwierigkeiten, die Identität ihrer genetischen Mutter zu erfahren. Das verstößt gegen das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung. Laut der EU-Geweberichtlinie von 2004 muss Gewebetransfer übrigens sogar EU-weit nachverfolgbar dokumentiert werden. Anonyme Keimzellvermittlung verstößt gegen die Verpflichtungen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).1 Das Recht, seine genetische Abstammung zu kennen, ist Teil des durch Artikel 8 geschützten Rechts auf ein Privatleben.2 Auch Tschechien und Spanien sind Mitgliedsstaaten des Europarats und sind der Konvention verpflichtet.3 Das ist ein internationales Problem. Die Regelungen in Deutschland sind dafür aber herzlich egal. Wenn wir wirklich verhindern wollen, dass in Spanien und Tschechien anonym Keimzellen vermittelt werden, dann müssen wir das vor Ort ändern, zum Beispiel durch verbindliche internationale Standards. In Deutschland, am besten EU-weit, wären großangelegte Informationskampagnen denkbar, die über das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Elternteile informieren. Wunscheltern, die die Rechte ihrer Kinder respektieren möchten, können bereits jetzt Länder wie Österreich oder die Niederlande wählen, in denen das Kind die Identität seiner genetischen Mutter erfahren kann. Eltern, die bereits Kinder durch anonyme Keimzellvermittlung haben, können sich im Nachhinein für ihre Kinder um Auskunft bei den ausländischen Vermittlern zu bemühen bzw. dazu angehalten werden. Das wäre Einsatz für die Rechte der Kinder. Bei Forderungen, weitere Verfahren der Reproduktionsmedizin zu legalisieren, müssen wir auch im Hinterkopf haben, dass Reproduktionsmedizin ein weltweites Wirtschaftsgeschäft ist. Für die Reproduktionsmedizin wird ein jährliches Wachstum von 9 bis 10 Prozent vorhergesagt.4 Ausländische Investoren z.B. aus Großbritannien, kaufen deutsche reproduktionsmedizinische Praxen.5 Daran sind monetäre Gewinnerwartungen geknüpft. Vor diesem Hintergrund wirkt es schon ein bisschen fragwürdig, das Kindeswohl für Legalisierungswünsche zu bemühen.
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Ein weiteres Argument für die Beibehaltung des Verbots der Eizellvermittlung ist das medizinethische Gebot der Nichtschädigung. Das bedeutet, dass ein Arzt oder eine Ärztin einen Eingriff nur dann durchführen darf, wenn er der Person, die ihn erleidet, mehr nützt als schadet. Im Unterschied zur Samenabgabe setzt sich eine Frau, die ihre Eizellen abgibt, durch die Hormonstimulation und die operative Entnahme gesundheitlichen Risiken aus. Sie geht gesundheitliche Risiken ein, ohne dass dies ihrer eigenen Gesundheit dient. Der Eingriff ist körperlich invasiver und potenziell gesundheitsgefährdender als die Samenabgabe. Ein Überstimulationssyndrom kann lebensbedrohlich sein. Im Jahr 2021 verzeichnete das Deutsche IVF Register6 338 Fälle schwerer Überstimulationssyndrome (Grad III7). Für dasselbe Jahr wurden 528 Fälle registriert, bei denen es zu Komplikationen8 durch die Punktion der Eizellen kam. Prozentual entspricht dies 0,5% der Behandlungszyklen für das Überstimulationssyndrom Grad III und 0,8% für Komplikationen bei der Punktion. Das ist ein hohes Risiko für einen fremdnützigen Eingriff. Anders als bei einer Blut- oder Knochenmarkspende, ist der Eingriff auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass eine schwere Erkrankung einer anderen Person gelindert würde. – Es ist überhaupt fraglich, inwiefern es sich bei einem fehlenden Kind um ein medizinisches Problem handelt. Ein Kind als Mittel zur Behebung von Not zu instrumentalisieren, würde das Kind wie ein Objekt betrachten. Und inwieweit sind wir freie Menschen, wenn wir uns unseren Wünschen unterordnen?
- Das Verbot der Eizellvermittlung verstößt auch nicht gegen die reproduktive Freiheit. Reproduktive Freiheit ist ein Abwehrrecht, begründet aber keinen Anspruch. Das bedeutet, dass einem die Fortpflanzung mit den eigenen Keimzellen erlaubt ist und z.B. keine Zwangssterilisationen vorgenommen werden dürfen. Sie bedeutet aber nicht, dass einem ein Partner oder eine Partnerin bzw. deren Keimzellen zur Verfügung gestellt werden. Teilweise wird auch die Möglichkeit, sich Eizellen entnehmen zu lassen als Ausübung von Freiheitsrechten verklärt. Das ist klassisches Framing und verdeckt, wer typischerweise die Abgebenden und die Empfangenden sein werden. Und damit komme ich zum vierten Punkt:
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Der vierte und ganz wesentliche Punkt ist das ungelöste Problem der Kommerzialisierung. Das Problem der Kommerzialisierung ist ein echtes Dilemma, wie Sie gleich sehen werden: Die EU-Gewerberichtlinie von 2004 verbietet EU-weit den Verkauf von Organen und Geweben. Dazu gehört auch der Handel mit Samen- und Eizellen.9
Ohne finanziellen Anreiz finden sich jedoch nicht genügend Frauen, die sich dem invasiven Eingriff der Eizellentnahme unterziehen. Was ist problematisch an der Kommerzialisierung von Eizellvermittlung?10 Zum einen besteht die Gefahr, dass Frauen aus finanzieller Not gesundheitliche Risiken eingehen.11 Es gibt immernoch keine ausreichende Forschung zu Risiken und Langzeitfolgen bei eizellabgebenden Menschen.12 Die Kommerzialisierung verhindert außerdem eine bewusste Auseinandersetzung mit den emotionalen Konsequenzen der Keimzellabgabe: Berichte spanischer Eizell“spenderinnen“ zeigen, dass sie vor allem den finanziellen Anreiz sehen und Gedanken an die entstehenden Kinder eher vermeiden.13
So ist eine Kommerzialisierung auch potenziell verletzend für entstehende Kinder. Berichte erwachsener Spenderkinder zeigen, dass die entstandenen Menschen es als verletzend erleben, wenn ihre genetischen Elternteile Keimzellen aufgrund eines finanziellen Anreizes abgegeben haben und kein Interesse am entstehenden Kind haben. Die Kinder müssen sich zudem damit auseinandersetzen, dass ihre rechtlichen Eltern in Kauf genommen haben, dass ihre genetische Mutter aus finanzieller Not gesundheitliche Risiken eingeht.Die Idee nicht-kommerzieller Eizellvermittlung hatten schon andere Länder wie Großbritannien, die Niederlande und Österreich. In keinem der Länder hat es funktioniert: Ohne finanziellen Anreiz waren kaum Frauen bereit, sich Eizellen entnehmen zu lassen. InGroßbritannien wurde die „Aufwandsentschädigung“ deshalb 2012 von 250 auf 750 Pfund erhöht, so dass faktisch nachträglich eine Kommerzialisierung eingeführt wurde. Außerdem erhalten die abgebenden Personen Rabatte auf eigene Behandlungen, so dass man die Unentgeltlichkeit auch deutlich hinterfragen kann. In den Niederlanden sind es 750-900 Euro, aber auch zu dem Preis finden sich viel zu wenige, um den Bedarf zu decken. Wartezeiten von 2 1⁄2 Jahren auf eine Eizelle sind normal – wenn überhaupt noch Wartelisten geführt werden.14 Es stellt sich also die ganz praktische Frage, wie konkret in Deutschland eine nicht- kommerzielle Eizellvermittlung funktionieren sollte. Erfahrungen aus Großbritannien, Österreich und den Niederlanden zeigen außerdem, dass Wunscheltern aus diesen Ländern nach wie vor, meist nach Spanien, Tschechien oder Belgien, reisen, entweder, weil sich im eigenen Land trotz finanziellem Anreiz zu wenige Frauen finden, die sich Eizellen entnehmen lassen oder einfach, weil es im Ausland billiger ist.
Wann kommt es zu einer Eizell-Vermittlung?
Die Ursachen hierfür können laut Dr. Brunbauer sein:
- Erbliche Faktoren
- Stoffwechselerkrankungen
- Autoimmunerkrankungen, wie Morbus Addison oder Diabetes Mellitus
- Infektionskrankheiten, wie Mumps oder Röteln
- Umweltfaktoren, wie intensives Rauchen
- Operationen, die eine Sterilisation nach sich ziehen, etwa bei der Behandlung von Eierstock-Tumoren.
- Eine frühere Chemo- oder Strahlentherapie.